Buntstift-Theologie
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Tobias steht vor einer Herausforderung: Seniorenarbeit. Ein Bibelvers gibt ihm Mut. Und eine Schulstunde dann den letzten “Schubs”.
Buntstift-Theologie
Der Wecker klingelt, doch Tobias ist hellwach.
Schon über eine halbe Stunde wälzt er sich im Bett herum, Gedanken kreisen wie hungrige Raubvögel. “Seniorenarbeit”, murmelt er, dann schwingt er mit einer zögernden Bewegung die Beine aus dem Bett.
“Herr, ich weiß nicht, ob ich das kann.”
Tobias’ Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern in der stillen Küche. Seine Bibel liegt vor ihm, der Kaffee steht unberührt daneben. Die Seniorenarbeit ist seit Jahren eine Baustelle. Und ausgerechnet er soll sie übernehmen, sie neu beleben. Zumindest spürt er das, dieses innere Drängen.
Oder bildet er sich das nur ein?
Er schlägt seine Bibel auf. Im Leseplan ist er bei 1. Chronik, heute ist Kapitel 28 dran. Sein Blick wandert über die Zeilen, bleibt dann hängen: “Mach dich ohne zu zögern an die Arbeit! Hab keine Angst… denn der HERR wird dir beistehen.”
Er lächelt unwillkürlich. “Jetzt willst du es wirklich wissen, Herr.” Die Worte treffen ihn wie ein sanfter Stoß.
Drei Stunden später öffnet er die Tür zur 4b, seiner Religionsklasse von heute. Der Geruch nach Buntstiften und Radiergummi erfüllt den Klassenraum, fünfundzwanzig Augenpaare richten sich erwartungsvoll auf ihn.
“Guten Morgen, 4b!” ruft er mit einer Energie, die er nicht wirklich fühlt. Seine Gedanken kreisen noch immer um den Bibelvers und die Seniorenarbeit. “Heute sprechen wir über Mut”, sagt er und schreibt das Wort in großen Buchstaben an die Tafel. “Wann braucht man Mut?”
Leons Hand schnellt sofort nach oben. “Wenn man Angst hat, aber trotzdem etwas tun muss,” antwortet der Junge.
Tobias lächelt. “Besser hätte ich es nicht sagen können, Leon. Und was macht ihr, wenn ihr Angst habt?”
“Und was macht ihr, wenn ihr Angst habt?” fragt Tobias und blickt in die Runde.
Stille. Dann meldet sich Marie zögernd. “Ich rede mit meiner Mama darüber.”
“Oder mit Gott”, ergänzt Tim aus der letzten Reihe.
Tobias nickt anerkennend. “Das ist wichtig. Ihr wollt ja wissen, ob es richtig ist, was ihr tun wollt. Und dann?”
“Man muss einfach anfangen”, sagt Sophie bestimmt. “Mein Papa sagt immer: Der erste Schritt ist der schwerste.”
Tobias schreibt “ANFANGEN” unter das Wort “MUT” an die Tafel.
“Und wenn es schwierig wird?”, fragt er weiter.
“Herr Thaler?” Sophia hebt schüchtern die Hand. “Mein Bruder hat mit dem Fußballtraining aufgehört, weil es ihm zu anstrengend wurde. Mama sagt, er gibt zu schnell auf.”
“Das passiert vielen”, sagt Tobias nachdenklich. “Was meint ihr: Was braucht man, wenn etwas schwierig wird?”
“Durchhaltevermögen!”, ruft Max.
“Ausdauer”, sagt Lena gleichzeitig.
“Und Hilfe”, fügt Leon leise hinzu. “Manchmal braucht man jemanden, der einem hilft.”
Tobias’ Gedanken wandern unwillkürlich zum letzten Teil des Bibelverses. “Denn der HERR wird dir beistehen.”
Nach der Stunde steht Tobias am Fenster des Klassenzimmers und blickt auf den Schulhof, wo die Viertklässler in der Pause toben. Dann dreht er sich zur Tafel. Mut. Anfangen. Durchhalten. Hilfe annehmen. War es Zufall, dass die Kinder genau diese Punkte angesprochen hatten?
Sein Blick wandert wieder nach draußen, zum Himmel diesmal. Für Klarheit und Entschiedenheit hatte er gebetet. Die Unsicherheit ist noch da, aber sie fühlt sich anders an. Kleiner. Wie ein Echo, das leiser wird. Und es wächst etwas Neues: Entschlossenheit.
“Kinder und Alte”, denkt er. “Beide brauchen jemanden, der an sie glaubt.”
Schwungvoll zieht er sein Handy aus der Tasche.
Seine Finger tippen die Nummer, die er schon dreimal gewählt und wieder aufgelegt hat.
Dieses Mal lässt er es klingeln.
Dann wandte er sich an seinen Sohn Salomo: »Mach dich ohne zu zögern an die Arbeit! Hab keine Angst und lass dich durch nichts entmutigen! Denn der HERR, mein Gott, wird dir beistehen. Er verlässt dich nicht und wird dir helfen, bis der Bau des Tempels abgeschlossen ist. (1. Chronik 28,20)