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Eine Lazarus-Lektion

Eine Mutter, ein Sohn und eine unerwartete Lektion, die mit Lazarus und auch mit Zeit zu tun hat. Erlebe, wie durch einen Perspektivwechsel ein kleiner Moment eine große Erkenntnis bringen kann.

“Wo steckt er nur?”

Kerstins Finger trommeln unruhig auf der Tischplatte, während sie zum dritten Mal aus dem Fenster schaut. Der kleine Max ist über eine Stunde zu spät, ein ungewöhnlicher Bruch ihrer heiligen Familienregel. Erinnerungen an letzten Herbst blitzen auf – Max, weinend auf dem Spielplatz.

Kerstin greift nach ihrem Handy, aber ihre Finger verharren über dem Display. Die Nummer von Max’ Freund Tony wählen? Sie atmet tief durch und entscheidet sich, selbst nachzusehen. Gerade als sie zur Tür eilt, hört sie den Schlüssel im Schloss und Max tritt in die Wohnung, sein Gesicht strahlend: “Mama, wir haben einen Fuchs gesehen!”

“Wo warst du?”, fährt Kerstin ihren Sohn an, bevor er überhaupt die Jacke ausziehen kann. “Du weißt, dass du um fünf zu Hause sein sollst!”

Max zuckt zusammen. “Mit Tony im Wald, wie immer,” sagt er leiser und deutet zum Fenster. “Siehst du? Es ist auch überhaupt nicht dunkel.” Draußen spielen Kinder, ihre Stimmen dringen durch das Treppenhaus.

Kerstins Blick folgt Max’ ausgestrecktem Finger zum Fenster. Das goldene Licht des frühen Abends flutet durch den Flur – viel zu hell für sechs Uhr. Sie schaut auf ihr Handy: 18:05 Uhr. “Ist heute…?” beginnt sie und unterbricht sich. Natürlich! Zeitumstellung.

Scham breitet sich in ihr aus, während sie in Max’ verwirrtes Gesicht schaut. Nicht er hat die Regel gebrochen. Sie hat die Bedingungen geändert, ohne ihn zu informieren.

“Du hast recht, Schatz.” Kerstin streicht sanft über Max’ Wange. “Wir hatten die Zeitumstellung. Die Uhr zeigt eine Stunde mehr an, aber die Sonne weiß das nicht.” Sie lächelt, als Verständnis in seinen Augen aufblitzt.

“Nach deiner inneren Uhr warst du genau richtig.”


Herr, wärst du hier gewesen, würde mein Bruder noch leben.
Johannes 11,21 (Hoffnung für alle)

Perspektivwechsel können unser Leben verändern.

Für Kerstin war es die Erkenntnis, dass sie und Max nach verschiedenen Uhrzeiten lebten. Für uns alle gibt es solche Momente, in denen wir plötzlich verstehen: Die Wahrheit ist größer als unsere begrenzte Sicht.

Als Martha hörte, dass Jesus nach Bethanien kam, lief sie ihm entgegen. Vier lange Tage sind vergangen, seit sie ihren Bruder Lazarus begraben haben. Vier Tage voller Tränen, Trauer und der immer wiederkehrenden Frage: Warum ist Jesus nicht gekommen?

Als sie vor ihm steht, bricht es aus ihr heraus: “Herr, wärst du hier gewesen, würde mein Bruder noch leben.” Ihre Worte sind kein Vorwurf – sie sind eine schmerzliche Feststellung. Nach ihrer Zeitrechnung ist Jesus zu spät.

Martha glaubt an Jesus. Sie sagt: “Aber auch jetzt weiß ich: Was immer du von Gott erbittest, wird er dir geben.” Ihr Glaube ist aufrichtig, aber begrenzt – wie eine Uhr, die nur bestimmte Stunden kennt.

In ihrem Verständnis kann Jesus Tote auferwecken – irgendwann in ferner Zukunft. “Ich weiß, dass er auferstehen wird bei der Auferstehung am letzten Tag,” sagt sie. Doch dass Jesus JETZT, in diesem Moment, die Macht hat, Lazarus zurückzubringen – dieser Gedanke übersteigt ihre Vorstellungskraft.

Unglaube ist nicht immer ein aktives “Nein”. Oft ist es nur das, was wir uns noch nicht vorstellen können. Die Grenzen unseres Denkens werden zu Grenzen unseres Glaubens.

Jesus führt Martha zu einem Perspektivwechsel: “Ich bin die Auferstehung und das Leben,” sagt Er. Nicht irgendwann, sondern jetzt schon. Und als er später vor dem Grab steht und Lazarus herausruft, erweitert er ihr Glaubensspektrum um eine völlig neue Dimension.

Für Gott gelten andere Zeitrechnungen. Seine Möglichkeiten sind größer als unsere begrenzte Sicht.

Wie bei Max und der Zeitumstellung gibt es manchmal zwei “verschiedene” Wahrheiten. Unsere menschliche Wahrheit ist begrenzt, doch Gott ist nichts unmöglich.

Jesus fragt Martha und Er fragt auch dich: “Glaubst du das?”



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