Ein Moment des Wandels: Erfahre, wie Gottes Berührung durch die Hand eines Nächsten spürbar wird. Eine inspirierende Erzählung über Glauben und Nähe.
Wie winzige Gebete tanzen Staubkörner im gedämpften Licht, das durch die jahrhundertealten, bunten Kirchenfenster fällt. Sie malen ein geheimnisvolles Muster auf die abgenutzte Holzbank, auf der zwei einsame Gestalten sitzen - eine junge Frau und ihre betagte Begleiterin.
Mit zittriger Stimme sagt die alte Frau: „Ich habe mir immer gewünscht, dass Gott mich berührt - wie in den Geschichten aus der Bibel - aber ich nehme an, das ist wohl zu viel verlangt." Nervös streichen ihre Finger über den abgenutzten Rosenkranz in ihrem Schoß.
Die junge Frau wendet sich ihr zu, ihre Augen voller Wärme. „Ich finde, das klingt nach einem vernünftigen Wunsch. Haben Sie denn schon einmal darüber gebetet?"
Die alte Frau senkt den Blick.
„Warum nicht? Es ist nichts Falsches an einem solchen Gebet. Sie sollten darüber beten!"
Die alte Frau grummelt vor sich hin: „Vielleicht haben Sie recht. Ich werde es nächste Woche mal probieren."
„Nicht nächste Woche. Jetzt! Gibt es einen besseren Ort zum Beten als das Hier und Jetzt?"
Einen Moment lang ist es still.
Die alte Frau zögert. Ihre faltigen Hände umklammern den Rosenkranz noch fester. Dann faltet sie fast schon widerwillig die von Altersflecken gezeichneten Hände und senkt den Kopf. „Bitte, lieber Gott, ich wünsche mir so sehr, dass Du mich berührst!" Ihre anfangs unsichere Stimme wird zu einem innigen Flüstern, während sie weiter betet, die Worte zu leise für andere Ohren.
Sanft legt die junge Frau ihre Hand auf die gefalteten Hände der Älteren.
Diese springt auf und ruft mit leuchtenden Augen: „Ich habe es gespürt! Er hat mich berührt!" Ihre Stimme hallt von den hohen Gewölben wider. Dann, nach einem Moment des Nachdenkens: „Aber das fühlte sich sehr ähnlich an wie Ihre Hand."
„Es war meine Hand", erwidert die junge Frau mit einem sanften Lächeln.
Alle Freude weicht aus dem Gesicht der alten Frau. Enttäuschung zeigt sich in ihren Zügen: „Und ich dachte, Gott hat mich berührt."
Die junge Frau beugt sich näher zu ihr. „Aber er hat Sie berührt! Was glauben Sie, wie Gott die Menschen berührt? Dass er wie eine Feuersäule herabkommt? Oder wie ein Sturmwind? Wenn Gott Menschen berührt, benutzt er dazu die Hand des Nächsten."
Die Worte schweben noch in der Luft, als ein warmer Sonnenstrahl durch die Fenster fällt und die Frauen in ein blaues, grünes und rotes Mosaik taucht.
Das könnte dir auch gefallen:
-
Der Hühnerflüsterer
- Geschrieben von Jörg
- Veröffentlicht am:
-
Der Zorn Zähmer
- Geschrieben von Jörg
- Veröffentlicht am:
-
-
Keine Geschichte unter dieser Nummer
- Geschrieben von Jörg
- Veröffentlicht am:
-
Vertrauen und Geduld sind Geschwister
- Geschrieben von Jörg
- Veröffentlicht am: