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Die Suche nach dem verlorenen Licht
Geschrieben von Jörg am .
Wendepunkt im Glauben: Nicos Reise zeigt, dass der Wille allein nicht reicht. Eine bewegende Erzählung über Erkenntnis und Erleuchtung.
In Nicos Welt, einem winzigen, vergessenen Dorf tief in den Bergen, herrscht noch tiefe Finsternis, wenn die Nacht hereinbricht. Die Menschen leben wie seit Jahrhunderten beim schwachen Schein von Öllampen und Kerzen.
Nico hatte sich daran gewöhnt - oder zumindest redet er sich das ein. Doch dann zwingt ihn ein Auftrag seines Vaters in die große Stadt, und dieser Besuch verändert alles.
Vom ersten Moment an schlägt die Stadt ihn in ihren Bann. Sein Herz klopft wie wild. Er weiß nicht, wo er zuerst hinschauen soll, alles ist so bunt und voller Leben. Besonders beeindrucken ihn die Lichter. Wohin er schaut, sieht er sie: in den Straßen, den Häusern, den Fenstern. Überall. Sie tanzen vor seinen Augen wie tausend kleine Sonnen, die die Nacht zum Tag machen.
“Das will ich auch!”, flüstert er. “Dieses Licht soll auch unser Dorf erhellen!” Der Gedanke lässt ihn nicht mehr los, raubt ihm nachts den Schlaf.
Einige Wochen später fährt er zum zweiten Mal in seinem Leben in die Stadt. Er hat sein Erspartes dabei und damit kauft er einen Sack voller Glühbirnen und einen Schalter. Mehr kann er sich nicht leisten, aber er ist überzeugt: Das wird reichen.
Es muss einfach reichen.
Voller Vorfreude fährt er zurück in sein Dorf.
Kaum angekommen, hängt er die Glühbirnen auf. Zunächst im Baum vor seinem Haus, dann bei den Nachbarn und schließlich sogar die Straße entlang. Seine Hände zittern vor Aufregung, aber er arbeitet sorgfältig. Als letztes montiert er dann den Schalter, direkt neben die Haustür draussen am Haus.
Die ganze Zeit stehen Leute um ihn herum, die Traube wird immer größer. Neugierig fragen sie: “Was machst du da?”
Nico lächelt: “Wartet nur, bis es dunkel ist. Ihr werdet sehen.” In seinem Kopf sieht er schon die strahlenden Gesichter seiner Nachbarn vor sich.
Schließlich wird es Nacht. Die Dorfbewohner haben sich versammelt, Kinder hüpfen aufgeregt von einem Bein aufs andere, die Erwachsenen tuscheln erwartungsvoll. Nicos Herz schlägt bis zum Hals. Er kommt aus seinem Haus, lächelt in die Runde und drückt auf den Schalter.
Nichts passiert.
Die Stille ist ohrenbetäubend.
Seine Finger zittern, als er den Schalter ein zweites Mal drückt. Dann ein drittes Mal. Viertes Mal. Jedes Klicken hallt in seinen Ohren wie ein Donnerschlag.
Denn nichts passiert.
Die Enttäuschung in den Gesichtern seiner Nachbarn trifft ihn hart. Er spürt ihre Blicke wie Nadelstiche auf seiner Haut. All seine Ersparnisse, seine ganze Mühe - umsonst. Ratlos steht er da, alle starren ihn an. Er hatte doch alles genau so gemacht wie in der Stadt. Die Birnen und er hatte gesehen, wie die Leute auf Schalter drücken…
Warum nur will das Licht nicht brennen?
Während die Nachbarn sich kopfschüttelnd zerstreuen, starrt Nico noch lange in die Dunkelheit.
Die schwarzen Glühbirnen hängen wie stumme Vorwürfe über ihm.
In dieser Nacht begreift Nico: Um Licht zu geben, braucht es mehr als nur den Willen zu leuchten.
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