Der Club der toten Musiker

(Schwingende Zweifel, Teil 2)
Ein Lehrer. Ein Brief. Ein Glaubenskampf, der ans Eingemachte geht.

Der junge Lehrer Tobias Thaler sieht sich plötzlich einer Glaubensprüfung gegenüber – lehrt er Wissenschaft oder Evangelium? Eine Elternbeschwerde flammt auf und stellt seine Überzeugungen in Frage. Macht er weiter wie bisher oder ist es an der Zeit, sein Fähnchen neu auszurichten?

Zwei Wochen nach dem Pendel-Experiment:

Tobias Thaler beendet den Religionsunterricht mit seiner vierten Klasse. Sie haben noch einmal über den Unterschied zwischen totem und lebendigem Glauben gesprochen und Tobias hat den Eindruck, die Klasse hat etwas Wichtiges verstanden. Zufrieden lächelnd geht er in die Pause.

Im Lehrerzimmer herrscht die typische Pause-Stimmung: Kollegen kauen auf Sandwiches, tauschen Klassengeschichten aus, einige tippen müde Arbeitspläne in ihre Laptops. Tobias steuert auf sein Postfach zu. Zwischen den üblichen Mitteilungen erregt ein Umschlag seine Aufmerksamkeit: "Für Herrn Thaler", steht mit einer klaren, festen Schrift darauf. Neugierig öffnet er ihn und beginnt zu lesen.

Der Brief stellt sich als Beschwerde eines Elternteils heraus. Die Mutter von Jonas, einem seiner Viertklässler, äußert Besorgnis darüber, wie Tobias seinen Glauben in die Lehrinhalte einbringt. Sie respektiere religiöse Ansichten, hebt sie hervor, aber die Schule sei ihrer Meinung nach ein Ort der wissenschaftlichen Bildung. Und da habe dieser antiquierte Begriff von Glauben, den er in seinem Unterricht praktiziert, wahrlich keinen Platz. Der Brief benennt das Pendel-Experiment und Tobias’ Analogie zum Glauben, was sie als Grenzüberschreitung empfindet, die dazu führen könne, dass Schüler sich ausgeschlossen oder benachteiligt fühlen. Und überhaupt, Jesus sei doch nur eine Möglichkeit von vielen …

"Phh", Tobias setzt sich an einen einzelnen Tisch und betrachtet nachdenklich das eng beschriebene Blatt Papier in seiner Hand. Soll er den Unterricht wirklich von persönlichen Überzeugungen trennen? Oder ist es nicht gerade seine Aufgabe, die Schüler im christlichen Glauben zu stärken? Tja, hier steht er nun, auf dem schmalen Grat zwischen seiner Rolle als Pädagoge und seiner Identität als Christ. Oder gibt es diesen Grat womöglich gar nicht?

Kurz kommt ihm der Gedanke an das Pendel und was es uns über lebendigen Glauben lehren kann. Seufzend steckt er den Brief in seine Tasche und bereitet sich dann kurz auf seine nächste Unterrichtsstunde vor.

Das innere Ringen

Abends sitzt Tobias allein an seinem Küchentisch, den Brief flach ausgebreitet vor sich. So ruhig die Wohnung um ihn herum auch scheint, in seinem Innern tobt ein Sturm. Noch einmal liest er die Zeilen, die sein pädagogisches Selbstverständnis herausfordern. Er denkt an seine Beweggründe, an die Momente, in denen er seine Schüler dazu anleitet, mehr zu sehen als das, was messbar und sichtbar ist – um Vertrauen in das zu setzen, was jenseits ihrer direkten Erfahrung liegt.

Was sagt die Bibel?

"Der Glaube ist der tragende Grund für das, was man hofft: Im Vertrauen zeigt sich jetzt schon, was man noch nicht sieht." (Hebräer 11,1; Hoffnung für Alle)

Glaube ist keine vage Hoffnung, sondern eine feste Überzeugung. Eine innere Gewissheit, die einem Menschen hilft, auch durch schwierige Zeiten und Situationen zu navigieren.

"So wie jetzt", denkt Tobias.

Es ist insbesondere dieser eine Satz am Ende des Briefes, der ihm nicht aus dem Kopf geht: "Warum sollten wir von Jesus Christus abhängig sein?"

Er spürt, wie ihn dieser Konflikt zwischen seinem tiefen Glauben an Jesus und den Erwartungen eines säkularen Schulumfeldes auf die Probe stellt. Für ihn steht fest: Glaube führt zu Gehorsam, während Unglaube zu Rebellion führt. Beweist dieser Brief nicht genau das? Unglaube führt zu Ungehorsam, zur Auflehnung, zu der Frage: "Warum sollte ich von diesem Jesus abhängig sein?"

Er stützt den Kopf in die Hände und schließt die Augen: "Vertraue ich darauf, dass mein Weg, Glauben und Unterricht zu verbinden, der richtige ist, oder agiere ich aus einem Stolz heraus, der keine Ratschläge oder Kritik akzeptiert?"

Er steht auf, um aus dem Fenster zu schauen. Stockdunkel ist es inzwischen. "Hilf mir, Herr", betet er, "dass ich in demütigem Gehorsam Dir gegenüber handele und nicht aus meinen eigenen Motiven oder Trotz heraus."

Die Entscheidung

Am nächsten Morgen fühlt Tobias sich frisch und ausgeruht.

Sein Vertrauen in Gott ist unerschütterlich, sein Glaube an Jesus Christus fest und voller Leben. Schon im Moment des Aufwachens ist ihm in aller Deutlichkeit und fern jeden Zweifels klar: Er wird genauso weitermachen, wie er es bisher gehandhabt hat.

"Gebet wirkt!", denkt er vergnügt, "ich habe den Herrn um Weisheit und Klarheit gebeten und Er hat sie mir geschenkt."

Er unterrichtet in einem christlichen Religionsunterricht und es ist seine Aufgabe, den persönlichen Glauben an Jesus Christus zu lehren. Was sonst? Was ist der christliche Glaube ohne Jesus wert? Christ sein ohne persönliche Beziehung zu Jesus ist wie Musiker sein, ohne jemals ein Instrument gespielt zu haben. Es ist wie die Behauptung, ein Koch zu sein, ohne jemals ein Gericht zubereitet zu haben.

"Dennoch", denkt er, "ist dieser Brief nicht umsonst. Gott führt uns auch durch andere Menschen."

Er nimmt sich vor, die Briefeschreiberin zu einem persönlichen Gespräch einzuladen. Er wird ihr schreiben, dass er ihre Bedenken ernst nimmt und sich verpflichtet fühlt, kontinuierlich zu lernen und zu wachsen, nicht nur im Glauben, sondern auch in seiner Fähigkeit, zu erziehen und zu inspirieren.

Es fühlt sich gut an.

Richtig.

Und er spürt, dass ihn ein Gefühl der Ruhe und des Friedens ausfüllt.

Ist das nicht Gehorsam?

Gehorsam, der dem Glauben entspringt?

"Komisch", denkt er, "ich bin mir so sicher." Gestern noch war er traurig gewesen und hatte sich angegriffen gefühlt, doch jetzt sieht er diesen Brief als eine Chance. Und er ist gespannt auf die Schreiberin. Vielleicht stimmt sie einem Gespräch zu …

Es ist dieser Glaube, der von intuitivem Vertrauen in die Führung Gottes geprägt ist, der uns weiterbringt.

Und der Jesus in uns wachsen lässt.

Mit einem tiefen Atemzug faltet Tobias den Brief zusammen und steckt ihn in seine Tasche. Gleich in der ersten Pause wird er Jonas’ Mutter anrufen.

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