Wurm mit Wert und Würde

Ich bin der festen Überzeugung, dass wir ein optimistisches Menschenbild haben dürfen und sogar sollen. Schließlich sind wir nach SEINEM Ebenbild gemacht. Und glaubst du wirklich, dass Gott seinen Sohn schickt, um "Würmer" zu retten?

Heute komme ich noch mal auf den Wurm zurück …

Wir hatten gestern darüber gesprochen, dass oft wiederholte Ansichten schnell zu Glaubenssätzen und dann zur individuellen Wahrheit werden.

Wenn ich mir immer wieder sage: „Ich bin ein Langschläfer“, dann wird es hundertprozentig geschehen, dass ich jeden Sonntag mit 10.00 Uhr Gottesdienst zu kämpfen habe. "Ich bin soooo müde, einmal in der Woche darf man doch wohl ausschlafen ..."

Vor diesem Hintergrund taucht deshalb die Frage auf: „Ist es gut, dass ich mich selbst als Wurm sehe?“

Die weise Antwort?

„Kommt darauf an …“

Auch einen Wurm darf man auf zweierlei Art sehen („Ich kann es nicht fassen, dass ich tatsächlich über Würmer schreibe …“).

Die erste Art finden wir in der dritten Rede von Hiobs Freund Bildad:

Bildad sagt: „Siehe, sogar der Mond leuchtet nicht hell, und die Sterne sind nicht rein in Gottes Augen – wie viel weniger der Sterbliche, die Made, das Menschenskind, der Wurm.“
(Hiob 25,5-6; Schlachter)

Bildad überbewertet die Unwürdigkeit des Menschen.

Er hat ja recht, wir sind unwürdig, doch seine pessimistische Sicht auf den Menschen lässt neben der Unwürdigkeit keinen Raum für Gutes. Bei Bildad ist der Mensch nichts als unwürdig. Es gibt keine „guten Aspekte“.

Doch auch ein Wurm (im übertragenen Sinne) kann geliebt sein und kann trotz seiner Unwürdigkeit Würde haben.

Paulus zum Beispiel äussert in seinen Briefen ein für mein Empfinden optimistisches Menschenbild.

Im Römerbrief finden wir zwar die Lehre von der völligen Verderbtheit des Menschen, doch diese Lehre ist nicht pessimistisch zu verstehen. Denn wir dürfen eines niemals vergessen:

Bei aller Sündhaftigkeit und Verderbtheit behält doch jeder Mensch das Bild Gottes bei, und das verleiht ihm Würde und Wert.

Als Christen bewegen wir uns in mehreren Spannungsfeldern. Eines davon ist vielleicht unser Status: Einerseits sind wir „unwürdig wie ein Wurm“, andererseits die „Krone der Schöpfung“.

Über genau diese Spannung wundert sich auch David, als er schreibt:

Was ist der Mensch, dass du an ihn denkst? Wer ist er schon, dass du dich um ihn kümmerst? Du hast ihn nur wenig geringer gemacht als Gott, mit Ehre und Würde hast du ihn gekrönt.
(Psalm 8,5-6; NGÜ)

Gott verlieh uns Menschen bei der Schöpfung eine königliche Majestät.

Diese Identität haben wir, jeder einzelne von uns. Sie ist unabhängig davon, dass wir sie „nicht verdient haben“ und wird uns nicht genommen, obwohl wir sie „nicht ausfüllen“, keiner von uns gerecht ist und wir allesamt vom Weg abgekommen sind. (Frei nach Römer 3,10ff)

Gott scheint auch ein optimistisches Bild von uns Menschen zu haben.

Ich denke, er hat auch allen Grund dazu. Denn sein Optimismus gründet nicht auf uns – dann wäre wirklich Hopfen und Malz verloren – er gründet auf Gott selbst, auf seiner Gnade.

In Gottes Gnade können wir den aufnehmen und an den glauben, den Er geschickt hat zu unserer Rettung.

All denen jedoch, die ihn aufnahmen und an seinen Namen glaubten, gab er das Recht, Gottes Kinder zu werden.
(Johannes 1,12; NGÜ)

Damit wird Gott zu unserem Vater und wir dürfen Papi zu ihm sagen. Wir gehören zu seiner Familie.

Gleichzeitig erkennen wir an, dass wir tatsächlich Kinder sind und damit auch wie Kinder leben wollen: Wir hören auf unseren Vater, gehorchen ihm, lassen uns erziehen und wissen und leben, dass wir eine besondere Beziehung zu unseren Geschwistern haben.

Du weißt ja: An unserer Liebe zueinander soll man uns erkennen.

Kurz:

Wir streben danach, so zu leben, dass unser Vater lächelnd auf uns hinunterschaut.

Das macht uns glücklich, wenn ER durch unser Leben geehrt wird und die Menschen sagen: „Diesen Vater, den will ich auch haben!“

In Jesus ist all das möglich.

Der Jesus-Journalist ✍️