Kann die Geschichte einer Uhr uns helfen, Demut als Tugend zu erkennen?

„Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man ohne ihr.“ Kennst du dieses Sprichwort? Wenn ja, dann vergiss es. Im Weltlichen mag das stimmen, im Geistlichen ist es die Formel für den sicheren Schiffbruch …

Es war einmal eine kleine Schweizer Uhr.

Ein meisterlicher Uhrmacher hatte sie in liebevoller Arbeit und mit viel Geschick und Präzision geschaffen. Die Uhr funktioniert reibungslos und zuverlässig und ist der Lehrerin, die sie besitzt, eine wertvolle Hilfe in ihrem Tagesablauf. Zudem wirkt sie flott und ist elegant anzusehen, eine echte Zierde am Handgelenk.

Doch die Uhr ist unzufrieden.

Jeden Morgen, wenn sie mit der Lehrerin auf dem Weg zur Schule am Rathaus vorbeikommt, muss sie auf die große Uhr oben auf dem Rathausturm schauen. Das tut sie nicht gerne. Denn jedesmal spürt dabei einen kleinen Stich, ein kleines Gefühl von Neid und Eifersucht.

Das Gefühl wird stärker und manchmal muss sie jetzt schon tagsüber an die große Rathausuhr denken. Versonnen stellt sie sich dann vor, selbst dort oben zu hängen. Eines Morgens schließlich hält sie es nicht mehr aus. In dem Moment, als sie mit der Lehrerin am Rathaus vorbeigeht, ruft sie laut aus: „Ach, ich wünschte, ich könnte dort oben hängen, wo die Rathausuhr hängt. Dann könnte ich vielen Menschen dienen und nicht nur einem!“

Die Lehrerin ist erstaunt. Doch dann sagt sie: „Weißt du was, meine liebe Uhr? Ich kenne jemanden, der hat einen Schlüssel zum Rathausturm. Mir war das nicht klar, doch wenn es wirklich dein großer Wunsch ist, dort oben die Zeit anzuzeigen, dann will ich ihn dir erfüllen!“

Gesagt, getan …

Schon am nächsten Tag findet sich die kleine Schweizer Uhr 30 Meter über dem Boden auf der Spitze des Rathausturms wieder.

Es ist zugig. Es ist kalt. Dann schaut sie hinunter auf den großen Platz. Die Lehrerin steht dort. Sie hält eine Hand über die Augen und schaut angestrengt nach oben. Man kann deutlich erkennen, dass sie etwas sucht …

Schließlich wendet sie sich ab und geht schnell weiter, denn in 10 Minuten beginnt der Unterricht.

Mit Schrecken wird der Uhr bewusst: „Oh je! Ich bin viel zu klein! Sie kann mich nicht sehen. Niemand kann mich sehen! Wie soll ich hier für jemanden nützlich sein?“

Verzweifelt denkt sie daran zurück, als sie ihrer Lehrerin immer pünktlich gezeigt hat, wann die nächste Unterrichtsstunde beginnt. Just in dem Moment beginnt es zu regnen …

Ich weiß nicht, ob die Lehrerin ihre kleine Uhr zurückbekommen hat. Und ob sie dann noch funktionierte oder ob sie unbrauchbar geworden ist.

Sicher ist: Demut steht uns gut zu Gesicht.

Wenn wir zu hoch hinaus wollen, dann kann es uns passieren, dass wir nicht die Größten, sondern im Gegenteil die Kleinsten werden.

Wahre Größe zeigt sich im demütigen Dienst an genau der Stelle, an die Gott uns gestellt hat.

Natürlich dürfen wir uns weiter entwickeln und unser Dienst darf wachsen. So wie auch unser Glaube in uns wachsen und die Frucht des Heiligen Geistes sich in uns entfalten darf. Wir müssen nur aufpassen, denn Jesus sagt:

Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.
(Matthäus 23,12; NGÜ)

Die Betonung in diesem Ausspruch liegt meines Dafürhaltens auf dem Wörtchen „sich“.

Wir sollen uns davor hüten, uns selbst zu erhöhen.

Wenn du anderen dienst, dann bist du auf einem guten Weg. Doch unser Dienst wird in Gottes Augen nicht dadurch besser, dass wir versuchen, die in unseren Augen besseren Dienste zu leisten.

Es ist eher anders herum.

Gott schätzt unseren Dienst umso mehr, je demütiger wir die Dienste verrichten, die er uns gibt.

Jesus bringt es einen Vers vorher auf den Punkt:

Der Größte unter euch soll euer Diener sein.
(Matthäus 23,11; NGÜ)

✍️Der Jesus-Journalist

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