Warum eine Schafherde ihrem Hirten folgt
In der sengenden Mittagshitze des jordanischen Hochlands beobachtet ein erschöpfter Reisender drei Hirten, deren Herden sich beim Trinken aus einem kristallklaren Gebirgsbach zusammengeschlossen haben.
Das Blöken der Schafe vermischt sich mit dem sanften Plätschern des Wassers, während die Tiere dicht gedrängt im spärlichen Schatten der Felswand stehen. Kurz darauf erhebt sich einer der Hirten, wirft seinen Mantel über, setzt seinen Hut auf und ruft laut: "Manah. Manah." Seine Stimme klingt melodisch und vertraut, wie ein jahrhundertealtes Lied. Dann wendet er sich zum Gehen.
Der Reisende hält den Atem an. Wie von unsichtbarer Hand gezogen beginnen sich Schafe aus der vermischten Herde zu lösen. Erst eines, dann drei, schließlich eine ganze Gruppe - sie alle folgen ihrem Hirten mit unerschütterlicher Gewissheit.
Der Reisende staunt über die Verbindung zwischen Mensch und Tier.
Dann erhebt sich der zweite Hirte, wirft seinen Mantel über, setzt seinen Hut auf und ruft: "Manah. Manah." Ohne Zögern lösen sich Schafe aus der Herde und folgen ihm.
Neugierig sagt der Reisende zum dritten Hirten: "Das möchte ich ausprobieren. Lass mich deinen Mantel und Hut anziehen und sehen, ob ich die restlichen Schafe dazu bringen kann, mir zu folgen."
Der Hirte lächelt, während er dem Fremden seinen von der Sonne ausgebleichten Mantel und den staubigen Hut reicht. Mit unbeholfenen Bewegungen kleidet sich der Reisende ein und ruft: "Manah. Manah."
Seine Stimme hallt über das Tal, doch die Schafe reagieren nicht.
Er ruft nochmal, diesmal lauter.
Die Schafe heben nicht einmal ihre Köpfe.
Der Reisende schüttelt den Kopf: "Werden diese Schafe jemals jemand anderem folgen als dir?" fragt er den Hirten.
"Oh ja," antwortet der Hirte, Sorgenfalten in seinem wettergebräunten Gesicht, "manchmal wird ein Schaf krank, und dann folgt es jedem."
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P.S. "Manah" bedeutet auf Arabisch "Folge mir". Diese Geschichte basiert auf einer Predigt von John Braaten.
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