Gustav und die Maus

Dies ist die Geschichte von Gustav, einem Kater mit seidigem, grauen Fell und einer Feldmaus, deren Leben sich an einem sonnigen Nachmittag unwiderruflich verändert.

Was Gustav tut, das tut ein Kater normalerweise nicht. Deshalb erscheint es uns außergewöhnlich. Doch wenn wir genau hinschauen in unserem Leben, dann erkennen wir, wie oft wir selbst wie diese kleine Maus einfach nur erstaunt danken können.

In unserer Stadt hat sich etwas abgespielt, das ist höchst verwunderlich.

Wenn ich es erzähle, dann schütteln die Leute ungläubig mit dem Kopf. "Wie kann das sein?", fragen sie. "So etwas haben wir noch niemals gesehen." Und sie haben recht, zumindest zum Teil. Denn tatsächlich sehen sie es jeden Tag, allerdings erkennen sie es nicht.

Vielleicht fragst du dich, was dieses verwunderliche Ereignis war?

Ein üppiger Kater mit seidigem, grauem Fell schlendert durch das hohe Gras eines verlassenen Gartens. Das sanfte Summen von Bienen eines nahegelegenen Stocks mischt sich mit dem fernen Zwitschern einiger Spatzen, während Gustav, so der Name des Katers, gemächlich eine Pfote vor die nächste setzt. Er wirkt gelassen und entspannt, fast schon schläfrig, doch wollen wir uns nicht täuschen lassen: Gustav ist hellwach und seine grünen Augen registrieren auch die kleinste Bewegung in weitem Umfeld.

Plötzlich bleibt er stehen. Mucksmäuschenstill und ohne die geringste Regung fixiert er ein windschiefes Mäuerchen, das früher einmal die Blumen vom Kräutergarten getrennt hat.

Da – eine kleine, graubraune Feldmaus. Sie huscht entlang des Blumenbeetes, nicht ahnend, dass sie bereits im Visier des Jägers ist. Gustavs Instinkte erwachen; sein Körper spannt sich wie eine Feder, die bereit ist, loszuschnellen. Sekunden verstreichen wie Minuten, die Bienen summen, die Spatzen zwitschern, als er plötzlich und blitzschnell mit einer einzigen geschmeidigen Bewegung nach vorn stößt und sein Opfer mit einem geschickten Schlag seiner Pfoten an den Boden nagelt.

Die Maus zappelt panisch, ihre winzigen Augen weit aufgerissen in stummer Furcht. Dann spürt sie den Druck der auf ihr liegenden Pfote und verharrt regungslos. Fast könnte man meinen, sie sei tot. Gustav, dessen natürlicher Jagdtrieb gestillt ist, betrachtet die Maus, als sähe er ein solches Tier zum ersten Mal.

Dann hebt er die Pfote.

Die Maus bleibt regungslos liegen. Gustav weiß, dass sie nicht tot ist, er kann das Pulsieren ihres Herzschlags sehen. Kurz betrachtet er sie. Dann gibt er ihr mit der linken Pfote einen leichten Schubs.

Nichts passiert.

Vorsichtig berührt er sie mit seiner Pfote. "Geh!", fast kann man dieses Wort hören, "geh’ und leb dein Leben. Aber pass das nächste Mal besser auf." Noch einmal gibt er ihr einen aufmunternden Schubs.

Die Maus, nach einem Moment der Verwirrung, ergreift ihre Chance und läuft, so schnell die Beine tragen. Nur Sekunden später ist sie in einem nahen Loch verschwunden.

Gustav, zufrieden mit seinem kleinen Abenteuer, leckt sich über die Pfoten und beschließt, ein ausgiebiges Sonnenbad auf diesem warmen Stückchen Erde am Fuß des windschiefen Mäuerchens zu nehmen.

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Mir fiel diese Geschichte ein, als ich darüber nachdachte, wie ich das Wesen der Barmherzigkeit ausdrücken könnte.

Ich glaube, dass wir ohne Barmherzigkeit nicht einen Tag überleben könnten. Und tatsächlich ist sie so häufig und so umfassend, dass wir sie vielfach gar nicht registrieren. Wir denken, ihre Auswirkungen stünden uns zu, seien gar unser Recht oder unser Verdienst.

Doch die Barmherzigkeit ist eine Liebesgabe Gottes.

Sie ist die unverdiente Zuwendung von Liebe.

Es gibt unendlich viele Beispiele für Barmherzigkeit. Geh’ mal dein Leben durch und überlege, wo dir Gutes widerfahren ist, obwohl du es nicht verdient hast. Sei ehrlich mit dir selbst und du wirst leicht Dutzende Beispiele finden.

Ereignisse, an denen das "Schicksal" zu sagen schien: "Geh! Komm, ich lass’ dich laufen." Und du konntest dein "Glück" nicht fassen.

Was ist, wenn ich dir sage, dass es beides nicht gibt? Es gibt kein Schicksal und es gibt auch kein Glück. Es gibt Gott und seinen Willen.

Und so ist Gott: Er vergibt uns, wenn wir etwas Falsches tun und wenn wir Fehler machen. Er liebt uns, wenn wir es nicht erwarten. Er liebt uns auch dann, wenn wir denken, wir haben es nicht verdient. Er liebt uns immer.

Er liebt uns mehr, als wir uns jemals vorstellen können.

Denn: Gott ist Liebe.

Genau deshalb ist es Ihm so wichtig, dass auch wir einander lieben.

Das ist Sein Wille.