Der König im Kohlenkeller

Es war einmal ein reicher König, der sein Volk sehr lieb hatte.

Um seine Untertanen besser verstehen zu lernen, mischte er sich regelmässig in verschiedenen Verkleidungen unter die Menschen seines Reiches.

Seine liebste Verkleidung war die eines armen Mannes. Und als armer Mann ging er eines Tages auch in die öffentlichen Bäder. Dort herrschte Spaß und die Menschen hatten Freude. Nach einiger Zeit gelangte in einen winzigen Keller und setzte sich dort neben den Heizer, der sich um den Ofen für das warme Wasser kümmerte.

Der Raum war dunkel und stickig, die Luft roch nach Kohlenstaub und verbranntem Kameldung.

Der König unterhielt sich mit dem einsamen Heizer wie mit einem Freund. Als es Mittag war, teilte der Mann sein einfaches Essen mit dem König. Der Nachmittag verging wie im Flug.

Am nächsten Tag kam der König wieder. Und auch am Tag danach. Immer wieder besuchte der Herrscher seinen Untertanen in dem kleinen Keller. Der Mann verlor seine Scheu. Er wurde offener und er begann, zunächst die Besuche und dann auch den König selbst zu lieben.

Eines Tages offenbarte ihm der König, wer er tatsächlich ist. Und er bot dem Heizer ein Geschenk an: „Du bist mein Freund, suche dir etwas aus …“

Doch der Heizer saß da, starrte seinen König mit Liebe und Staunen an …

… und sagte endlich nach endlosen Sekunden:

„Du hast deinen Palast und deine Herrlichkeit verlassen, um mit mir an diesem dunklen Ort zu sitzen, von meiner einfachen Speise zu essen und dich darum zu kümmern, ob mein Herz froh oder traurig ist. Anderen magst du reiche Geschenke machen, mir aber hast du dich selbst geschenkt. Mir bleibt nur zu beten, dass du das Geschenk deiner Freundschaft niemals zurückziehst.“